Rottendorf-Preis 2024 an Robert Damme und das Filmkollektiv wenndienaturnichwill

Rottendorf-Preisverleihung (c) Dirk Bogdanski

Am Mittwoch, den 9. Oktober 2024 fand die Verleihung des Rottendorf-Preises für Verdienste um die niederdeutsche Sprache auf dem Kulturgut Haus Nottbeck im südöstlichen Münsterland statt. Dieses Jahr wurden mit dem Hauptpreis der Philologe Robert Damme und mit dem „Sünnerpries“ (Sonderpreis) die Filmgruppe wenndienaturnichwill ausgezeichnet. Damme erhielt den Preis für seine großen Verdienste um die Fertigstellung des Westfälischen Wörterbuchs im Jahr 2021, dessen Geschichte bis in die 1920er Jahre zurückgeht. 1927 wurde das Wörterbucharchiv gegründet, in dem auf 1,5 Millionen Belegzetteln die sprachliche Vielfalt der niederdeutschen Dialekte Westfalens gesammelt wurde. Da bis in die 1990er Jahre nur ein Beiband sowie große Teile des ersten Bandes erschienen waren, musste das Arbeitstempo erhöht werden. Dass das Wörterbuch bis 2021 abgeschlossen werden konnte, ist wesentlich ein Verdienst Robert Dammes, dem es durch effizientere Arbeitsorganisation, die stärkere Einbeziehung studentischer Hilfskräfte und das Opfern eigener Freizeit gelang, die vier ausstehenden Bände herauszubringen. Im Interview mit Georg Bühren, dem Vorsitzenden des Rottendorf-Ausschusses, erzählte Robert Damme bei der Preisverleihung auf Nottbeck äußerst kurzweilig und anhand von Fotos aus seinem Leben: von seinem Aufwachsen in Bielefeld und seinem frühen Interesse für Sprachen und sprachliche Unterschiede, von seinen eher zufälligen Anfängen in der germanistischen Sprachwissenschaft, von seinen letztlich ad acta gelegten Plänen, Bibelübersetzer zu werden, und von seiner Arbeit am Wörterbuch. Auch um seine Marathonläufe ging es und darum, dass auch die Arbeit am Wörterbuch einen langen Atem und Ausdauer erforderte. Während des Gesprächs zwischen Damme und Bühren lagen die Bände des Westfälischen Wörterbuchs auf einem Tisch auf der Bühne und machten für alle anschaulich, welche Leistung hinter ihrer Herausgabe steckte.

Den Film, für den wenndienaturnichwill den Sünnerpries bekam, konnte das Publikum der Preisverleihung im Anschluss sehen. Dabei handelte es sich um den plattdeutschen Kurzfilmwestern „Wild Wild Westfalen“, der 2022 in einem Steinbruch in Ibbenbüren gedreht wurde. Historisch nicht ganz korrekt, wie die Erzählerin des Films direkt an seinem Anfang verkündet, denn im Film ging es um den Strontianitabbau, der im südlichen und südöstlichen Münsterland stattfand – gar nicht weit weg von Nottbeck also. Inspiriert wurde die Gruppe wenndienaturnichwill – bestehend aus Hein Köhler, Nikos Saul, Dominic Stermann und Henning Wirtz – dabei von Augustin Wibbelts Erzählung „De Strunz“ von 1902. Inhaltlich geht es in dem plattdeutschen Film, der mit seinen plattdeutschen Untertiteln das Verständnis auch für ein hochdeutsches Publikum sicherstellt, um zwei Grubenarbeiter, die einen Brocken Strontianit finden und darüber in Streit geraten. Der Grubenbesitzer, an dem sie das Strontianit vorbeischmuggeln wollten, taucht auf und will sie mit gezogener Waffe zurück zur Arbeit schicken, als drei Frauen aus dem nahegelegenen Dorf auf den Plan treten. Sie haben ihre ganz eigenen Rechnungen mit den Männern zu begleichen. Im Gespräch mit Markus Köster vom LWL-Medienzentrum, auf dessen YouTube-Kanal der Film zu sehen ist, erzählten Nikos Saul und Henning Wirtz im Anschluss an die Aufführung davon, wie sie zu dem Thema gekommen waren, welche Schwierigkeiten die Dreharbeiten boten – drei Wochen vor Drehbeginn standen sie plötzlich ohne Drehort da – und wie sich dann aber alles gut gefügt hatte. Der Film kann hier angeschaut werden: https://www.youtube.com/watch?v=2BWfOAeDseY

Musikalisch begleitet wurde die Preisverleihung von der plattdeutschen Band Strauhspier, die mit eigenen Liedern, aber auch mit plattdeutschen Übersetzungen von John Lennons „Imagine“ oder „Que Sera, Sera“ überzeugte. Die Mitglieder von Strauhspier hatten den Rottendorf-Preis 2008 bereits bekommen. Grußworte hatten am Anfang der Veranstaltung Hermann-Ulrich Viskorf, der Vorsitzende des Vorstands der Rottendorf-Stiftung, und Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbunds, gesprochen, in die Mittagspause entließ das Publikum Lilian-Klewitz-Haas, die stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsvorstands, mit einem Schlusswort.

Nach dem Mittagsimbiss begann der zweite Teil der Veranstaltung: die Eröffnung der Ausstellung über Andreas J. Rottendorf auf Haus Nottbeck. Walter Gödden, der Kurator der Ausstellung, führte inhaltlich in diese und den Film über Andreas J. Rottendorf und seine Frau Rose Rottendorf ein, den er mit Georg Bühren und Philipp Wachowitz erarbeitet hatte. Es gab also nach „Wild Wild Westfalen“ noch einen zweiten Film zu sehen. Er erzählt das Leben der Rottendorfs nach und stellt das lyrische Schaffen Andreas J. Rottendorfs vor, der auf Hochdeutsch und auf Niederdeutsch schrieb.

Das Werk Rottendorfs wird aber nicht nur in der neuen Ausstellung auf Nottbeck und im genannten Film vorgestellt, sondern bildet auch einen wesentlichen Teil der neuen Internetseite niederdeutsch-westfalen.de, auf der ausgewählte niederdeutsche Literat*innen Westfalens vorgestellt werden. Außerdem lässt sich dort nachverfolgen, welche niederdeutschen Institutionen es in Westfalen und darüber hinaus gibt, und ein Terminkalender zeigt aktuelle niederdeutsche Veranstaltungen. Auch diese Seite wurde von Walter Gödden vorgestellt. Insgesamt zeigte die kurzweilige Veranstaltung auf Nottbeck, welch vielfältige Aktivitäten es aktuell zum Niederdeutschen in Westfalen gibt.


Interviews mit den Preisträgern:

Robert Damme, Nikos Saul und Henning Wirtz waren am 14.10.2024 in der Radiosendung „Do biste platt“ der WestfalenWelle zu Gast. Im Interview mit Markus Hiegemann sprechen sie über die Auszeichnungen und ihre Arbeit. Die Sendung kann hier nachgehört werden.

Robert Damme war am 10.11.2024 in der Radiosendung „Plattmaakers in NRW“ der WestfalenWelle zu Gast. Im Gespräch mit Markus Hiegemann erzählt er über seinen Werdegang und seine Arbeit am Westfälischen Wörterbuch. Der Podcast kann hier nachgehört werden.


Rottendorf-Preisverleihung (c) Dirk Bogdanski

Rottendorf-Preisverleihung (c) Dirk Bogdanski