Tönne VormannTönne Vormann1902–1993
Tönne Vormann1902–1993Tönne Vormann

Biografie

Tons (Anton), besser bekannt als ‚Tönne‘ Vormann wurde 1902 in Münster geboren. Er besuchte die Volks- und Höhere Schule. Er war Maler, Radierer und Musiker. Nach einer künstlerischen Ausbildung unter anderem in Münster, München und Berlin war er von 1929 bis 1932 für den Verlag Ullstein in Berlin tätig, bevor er 1951 in seine Heimatstadt zurückkehrte und für die Westfälischen Nachrichten arbeitete. Außerdem war er für den WDR tätig und übernahm bei ca. 100 niederdeutschen Hörspiel-Produktionen Sprecherrollen. Zudem verfasste er plattdeutsche Lieder für den Rundfunk. Das ‚münster’sche Original‘ (Westfalenspiegel) lebte in Münster-Wolbeck, wo er 1993 starb.

Tönne Vormann Werke

Als Buchautor verfasste Vormann die Titel Sonnenaufgang (1937), Zur Jagd gesungen und gelacht (1984), Dichter-Sänger als Maler (1986, 1989) und den Roman Der Weg zur Sonne (1989). Außerdem beteiligte er sich an der Veröffentlichung Westfalen unter sich über sich (1958, 1978) und Dat aolle Platt (1985). Auf Schallplatte erschien Tönne Vormann singt westfälische Lieder zur Laute in Platt (2 Folgen, 1975). Als Hörspiel gelangte Bolko kann küeren zur Ausstrahlung.

Wann ich düör Holt un Heide gaoh,
mi krüs und kwiärs düör Strücke schlao,
en Klücksken in’ne Pulle,
de Taschk met Buotrams vulle
Horrido un Joho! Horrido un Joho!
Tobuten sin ich froh!
Horrido un Joho! Horrido un Joho!
Tobuten sin ich froh!

Dann sin ick so kuntant ak’raot
Es ’ne Vuegel in de Röbensaot,
met Singen un met Flaiten,
met Busen un met Schaiten:
Horrido …

So brak ick düör den Böckenschlag,
met „prr, prr, prr!“ kieg ick al wach,
wat duckt sick un verstoppet,
büs ich harut et kloppet
Horrido …

Wann’k driäpen do, wo ich drupps schait,
schliept mi’t min Rüeden, so ich flait,
ährdainig in’ne Mööte,
büs schnack vor mine Fööte :
Horrido …

Un striekt haug in de Hiäwsdagsflucht
die Vuegelschwächten düör de Lucht,
laot se nao Süden drieben –
Ich wenk: „Mott hie-e blieben!“
Horrido …

Gedanken flaiget hän nun her,
ich niehm mi den un düssen vuör,
Dücht mi: ’t sind griese Fluusen!“
dann laot’k se wi’er suusen.
Horrido …

(Nach einem Gedicht von Friedrich Wilhelm Grimme)

Zu den bekanntesten Liedern Vormanns zählt seine Interpretation des historischen Lieds vom Bauernjungen Burlala, bekannt auch in Versionen von Claire Waldoff und Lale Andersen. Das Besondere an Vormanns Vortrag sind seine zusätzlichen dialogischen Einfügungen.

Nach dem ersten Weltkrieg pflegte der bacchisch beleibte und urgemütliche Reichstagsabgeordnete Bernhard Engberding in einem nördlich von Münster gelegenen Revier zu jagen, das damals noch von Wallhecken durchzogen und mit alten Eichenbäumen bestanden war. Dem humorigen Naturverehrer aber war weniger an der Jagd als an dem Kontakt mit der ländlichen Bevölkerung der Gegend gelegen. Auf seiner Jagdbegehung betrat der Volksvertreter oft irgendein Bauernhaus und redete mit den Leuten über die Dinge der Zeit. So erfuhr er manches Wissenswerte von der politischen Haltung der Bevölkerung, und umgekehrt lernte man auch bald des Jägers Gewohnheiten kennen und schätzen: Erschien er etwa zur Mittagszeit in einer der großen Bauernhausküchen, ließ er es sich nicht zweimal sagen, am Tisch Platz zu nehmen, um behaglich schmatzend das Mahl zu loben und einen guten Teil davon in seinen geräumigen Magen zu befördern. „Das muß doch auch wohl bei der hohen Jagdpacht herausspringen“, meinte er dann schelmisch dazu.
Zur Zeit der Hühnerjagd indes war es für Bernhard Engberding mit den Vespergelegenheiten bei seinen Jagdgrundstücksbesitzern anders als im Winter; oft lag nun das Hofgebäude wie ausgestorben da, weil die gesamte Hofbesatzung die Kartoffelernte einbringen mußte. Doch auch in diesem Fall wußte sich der allzeit hungrige Jägersmann zu helfen: Leicht gelangte er durch die stets unverschlossene Hoftür in die Küche und suchte hier in den Schränken und Anrichten nach Eßbarem. Hatte seine Suche nach Wurst, Brot oder auch nach einem Teller mit abgekochtem Kleinfleisch Erfolg gehabt, hinterließ er einen Zettel mit den Worten: „Ich bin dran gewesen. Vielen Dank! B. E.“
Als er – wieder einmal zum Rebhühner-Kulminat – an einem Mittag beim Bauern Franz Große Sandpatt niemanden im Hause antraf, entdeckte er nach einer ergebnislosen Besichtigung des Küchenschrankes endlich einen Teller mit einem großen dicken Weizenpfannekuchen, der ihn trotz seiner eingekrümpelten Erkaltung wie das Gesicht eines hübschen Bauernmädchens geradezu anlachte.
Nachdem er nun bis auf ein Restchen das freundliche Gericht verschlungen hatte, kam die Bäuerin vom Felde zurück und erschrak, als sie den sonst so gern gesehenen Reichstagsabgeordneten Engberding mit dem letzten Bissen des Pfannekuchens in Munde sah. „Um Chotteswillen!“ rief sie aus. „Was machen Sie denn da bloß?“
„Ist es mir diesmal nicht gegönnt?“ fragte Engberding zurück.
„Chewiss doch, aber der Pannekauken is doch für unser Bännätzken, der hat seinen Kopf so voll Ausschlag un Bratzen, un den hat er schon drei Tage jeden Abend vor’s Bettgehen aufn Kopp gehabt. Wenn das man Ihnen nur nicht ansteckt!“
Dem Bernhard Engberding kam nach dieser gutgemeinten Erklärung der Pfannekuchen wieder hoch und auf den Teller. „Da!“ rief er der Bäuerin zu und hielt ihr den zu Brei gewordenen hin.
„Was mir nicht von Herzen gegönnt ist, das will ich auch nicht haben.“ Damit stellte er den Teller hin, setzte seine Jagdflasche mit Münsterländer Korn an den Mund und bat seelenruhig um ein Butterbrot mit Schinken, damit er auf einen anderen Geschmack komme.
Wenn unser Jägersmann später auf Sandpatts Hof wieder einen Pfannekuchen vorgesetzt bekam, fragte er stets vorsichtig an:
„Ist der nun für’n Kopf oder für’n Magen?“

Literatur

Sonnenaufgang. Magdeburg 1937

Westfalen unter sich über sich. Hg. von R. Schepper. Frankfurt a. M. 1958; 1978 [Beitr.]

Zur Jagd gesungen und gelacht. Hg. von M. Henke. Münster 1984

Dat aolle Platt. Dülmen 1985 [Beitr.]

Dichter-Sänger als Maler. Emsdetten 1986; Münster 1989

Der Weg zur Sonne. Roman. Münster 1989

H. Kemper: Künstler in unserem Familienverband: Tons Vormann, in: Der Oberhof. Folge 8, H. 6, Jg. 63, 1991, S. 216–221

„Tönne“ Vormann gestorben, in: Westfalenspiegel 1993, H. 4, S. 33

Rundschreiben des Westfälischen Heimatbundes 1994, Heft 1 [Nachruf]

Vollständige Biobibliografie siehe:
www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/vormann-tons-anton/