Theo BreiderTheo Breider1903–1993

Biografie

Theo Breider wurde 1903 in Effeln, Kreis Soest, als Sohn eines Bauern geboren. Er besuchte die Volksschule und Rektoratsschulen in Medebach und Warstein und die Humanistische Höhere Lehranstalt in Lippstadt. Aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten musste er die Schule in der Obersekunda abbrechen und in den Dienst der Westfälischen Landeseisenbahn eintreten (1922–1935). Nebenamtlich war er Geschäftsführer des Kreisverkehrsvereins Lippstadt. 1935 zog er nach Münster und übernahm dort die Leitung des städtischen Fremdenverkehrsamts. In dieser Zeit beschäftigte er sich erstmals mit dem Thema Radwanderwege. Nach Ausbruch des Kriegs übernahm er im Zusammenwirken mit der Universität Münster sog. „Kultur- und Volkstumsaufgaben“.

Theo Breider war ein prominenter Vermittler der niederdeutschen Sprache und Literatur. Sie war Teil seiner intensiven westfälischen Brauchtumspflege. Hier stehen Breiders Tätigkeit als Ideengeber und ‚Baumeister‘ des Mühlenhof-Freilichtmuseums und seine Pionierleistungen bei der Begründung der ‚Pättkesbewegung‘ für das Radwandern im Münsterland im Vordergrund. Niederdeutsche Verse flossen in seine Gedichtbände Ernst, heimatlich, heiter. Plattdeutsche Gedichte (1978) und Geliebtes Leben. Gedichte (1982) ein.

Theo Breider Werk

In der letzten Kriegsphase war er für Dreharbeiten des Films Münsterland – Land der Wasserburgen freigestellt. Nach 1945 wurde er mit Sondervollmachten bei der Vertriebenenhilfe in die Geschäftsführung des Westfälischen Heimatbandes berufen. 1946/1947 richtete erstmals Münsterische Heimattage aus. Außerdem engagierte er sich beim Wiederaufbau des Friedenssaales, des Zoos und bei der Wiederbelebung des westfälischen Karnevals. 1949 schied er aus diesen Tätigkeiten aus und arbeitete fortan für den Aschendorff Verlag. In dieser Zeit begründete er das „Reisebüro Westfalen GmbH“. Ab 1951 war er erneut für den Verkehrsverein tätig und gründete die Vereinigung „Münster – Münsterland e.V.“, deren Verkehrsdirektor er bis 1964 blieb. Er starb 1993 in Münster.

„Botschafter“ Westfalens

Breider rief neuartige Werbekampagnen ins Leben wie Pressefahrten auf Fahrrädern für internationale Teilnehmer, an denen bis 1973 über 100 Reisejournalisten, darunter Rundfunk- und Fernsehreporter, teilnahmen. Auch initiierte er einen „Kiepenkerl-Express“ – eine Eilzug-Verbindung ins Sauerland und Waldecker Land.

1967 eröffnete auf Breiders Idee hin am Bahnhof Werne die erste Fahrrad-Verleihstation. Einen ähnlichen Verleih rief er später in Münster ins Leben. Daneben setzte er sich für ein europäisches Radwegenetz ein. Sein Pättkesführer Radwandern im Münsterland brachte es bis Ende der 1970er Jahre auf 27 Auflagen mit 56.000 Exemplaren und wurde zur ‚Bibel‘ für westfälische Radtouristen. Er wurde wegweisend für zahlreiche weitere Publikationen in diesem Bereich.

Theo Breider Werk

Apologet der Heimat

Breider war ein Mann der Öffentlichkeit. Er trat unter anderem in der Figur des Kiepenkerls auf und hielt zahllose Vorträge, auch im Rundfunk, in die er das Plattdeutsche einfließen ließ. Durch seine Kontakte ermöglichte er der Niederdeutschen Bühne Münster zahlreiche überregionale Auftritte. Außerdem half er beim Aufbau von Heimatvereinen mit und war in Ausschüssen zur Mundartpflege tätig. Seine konservative Haltung kam in seiner Mitgliedschaft im publizistischen „Westfalenkreis“ zum Ausdruck. Die Vereinigung Münster – Münsterland hob anlässlich seines 60. Geburtstags hervor, dass Breider „das Plattdeutsche nicht nur in die Mitte einer menschlichen, sondern sogar sprachlichen Verständigung der Völker“ gestellt habe und damit den „Dialekten Westfalens […] zu einem neuen Rang“ verholfen habe. Als Lyriker habe Breider mit heiteren und ernsten Versen „Landschaft, Menschen und Ereignisse in einem tiefen Gehalt“ erfasst.

Ab 1959 widmete sich Breider seinem Herzensprojekt, dem Aufbau des Freilichtmuseums Mühlenhof. Dort finden heute Kurse zur plattdeutschen Sprache statt.

Mühlenhof
Eröffnung der Mühle auf dem Mühlenhof 1961
Theo Breider Werk

Hiast Hiärrguatt Diu ues dann nui ganß verlaoten?
Höerst Diu dann uese Raupen nit in düiser Neot?
Nit uese Bian? — Un sühst nit uese Träönen;
süß nit uese Quialen üm dat hatte, siure Breot?

De Füiste könnt dian Plaug all nit mä haolln,
dian Hamer nit mä swenken, op’n Amboß slaohn.
Un wann vui eok van muarns bit aowens schuftet, —
t’is alles ümmesüß! Et well un well nicks mä graon.

Kein Lied könn vui mä singen rächt van Hiäten,
eun freoh Gemeute hiat kein Menske mä im Land.
Bleot wuil vui Duitske, daorüm mott vui seo liäwen,
drüw vui kein Hiäte feihlen, kein’n Verstand?

Gwiss, Guatt, vui hat viel guet te maken
daofüar, dat jaohrelank vui Di an’t Kruisse slan.
Laot ues, so Här, Dui te versöihnen buissen,
duach stroaf nit dei, dei nicks verbruaken, uese Blaan.

Et sind uese Kinner, Här, et sind eok Duine,
un Duine Kinner höert dr ganßen greoten Welt.
Stroaf ues, wann’t suien mot, duach nit de Kinner,
un straof eok dei, dei giegen sei sick stellt.

Höer vui dann uese Blagen wuier singen,
höer vui se luawen Di im Arbei’n un im Bian,
kann düise Welt ues dann eok nicks mä giewen —
et geuht dian Kinnern guet un vui sint gäern tefrian.

1946

Wann de Arbet biuten daon is
un dat Veih im Stalle steuht,
Niewelsleier duister trecket,
Hiarwstwind düar de Boime geuht,

wann de Mensk met sik un allem
is am leiwesten alleune —
geuht muin Sinnen un muin Denken
andachtsvull in muine Heume.

Geuht in’t Duarp un geuht taum Grawe,
op’n Kiarkhuaf immer wuier
suit se muiner leiwen Mutter
gälten eok en Plätzken huier.

Un mui is, hä wöer op eunmaol
alles annere vergiaten,
un iek mi seo ganz naoh föhlte
iahrem leiwen Mutterhiaten.

Iek segg nicks un kuike deipe
muiner Mutter in’t Gesichte, —
dei steuht ganz wi froiher vüar mi,
well, dat ick iahr alles bichte.

Un ick mott iahr alles seggen,
alles, of et guet — of slecht;
un sei segg mi gnau wie froiher
watt ick dau’n saill, watt gerächt.

Wuier seihet iahre Eogen
deip, ganz deipe mi in’t Hiäte,
un biu’t drin’n sick böggt un drägget —
iek mi un muin Liawen miäte,

bis et ruhig in mi waoen. —
Dann deut sei de Hand mi giewen
un iek weut van niggen wuier:
Mutter, Diu bis bui mi bliewen! —

Wann de Mensk met sick un allem
is am leiwesten alleune,
geuht muin Sinnen un muin Denken
andachtsvull in muine Heume. —

1950

Nu wiet’t wi, wat du sien waosst —
weest du, waorüm du hen häs moßt
nao us — in’t schöne Mönsterland.
Nu kennt wi us met Liew un Seel.
wiet’t, dat an’t Wiärk jedeen sien Deel
un Trüe us ümspannt.

Di dräg en Grund den Guodd us siängt;
bi Wind un Wiär, off’t stüermt, off’t riängt,
bi Sunnenschien, bi Dag un Nacht, —
dien Spraok’ is aohne Wöerde
för’n Hiemel, för de Äerde.
Naodenklick mäk’t, wat du us saggt. —

Wiet in den Welt — deip in de Tied
slaott Diene Flittken nu iähr Lied,
dat Graut un Kleen et häört:
„Laot Lü mi nich verlaoten staohn,
Ji üm mi rüm — mi met Ju gaohn —
Guodd help! is us’ Gebiät.“

1961 

Rund ümme hui is muine Heume,
in düiser Giegend waor ick greot,
ick kenn düt Land und suine Luie
un jede Bieke — jeden Peot.

Hui kann iek spriaken muine Spraoke,
met Allen stao’k op Diu un Diu, —
fruiwiag kuik jedem ick in’t Eoge,
kein Menske is mi hui schalliu.

Hui sint mi Vatter un de Mutter,
de Süßters un de Broiers leiv,
hui har ick muine eusten Frönne —
kreug iek dian eusten Liebesbreif.

Hui henne kam iek niu eok wuier,
un alles was wi daomaols neo,
met Allen hev iek wuier kuiert,
un alles mek mi wuier freoh.

Am Wiage all dei willen Reosen,
dat Veih, de Vüile, Busk un’t Haolt —
dat alles ies’et, wat mi frögget
un glücklich mäk’t mi, frui un staolt.

Seihet!

Dat is dat Glück in muiner Heume,
en Glücke, dat bleos eunmaol gitt,
dat bui mi bliv all Daa un Stunne
un deipe imme Hiäten sitt.

Ganz gluik, bao in d’r Welt iek liawe,
muin eugen Huis’ken neomaol steuht —
Gloiw’t mi, biu ick mi immer frögge,
wann’t wuier in de Heume geuht. —

1938 

Mönster un Mönsterland,
Grautstadt un Buernland —
een enzig Land.
Soviel an Wäert un Sinn
ligg in Dien’n Namen drin:
Stadt un Land — Hand in Hand
Mönster un Mönsterland.

Von’n Teuto bis an’n Rhien
büs du so riek un fien,
mien Mönsterland.
Du häs densölwen Plog,
Jäss, Spraok un Brüke ok,
trü liäwt Ji Hand in Hand:
Mönster un Mönsterland.

Wenn Ji bineene haolt,
bliewt Ji frie, stark un staolt
dör alle Tied.
Keene Macht smitt Ju üm,
wenn Ji dör dick un dünn
gaoht trülik Hand in Hand:
Mönster un Mönsterland.

1951 

Literatur

Münster, Westfalens schöne Hauptstadt. Ein Rundgang durch seine Sehenswürdigkeiten. Münster 1938

Der Mühlenhof in Münster und seine volkskundlichen Sammlungen. Dortmund 1969

Ernst, heimatlich, heiter. Plattdeutsche Gedichte. Münster 1978

Theo Breider. Sein Leben und Wirken. Festschrift zur Vollendung des 75. Lebensjahres. Münster 1978

Freizeit-Führer Münsterland. Münster 1979

Freizeit-Führer Westfalen-Lippe. Münster 1980

Führer durch das Mühlenhof-Freilichtmuseum Münster und seine volkskundlichen Sammlungen. Münster 1981

Geliebtes Leben. Gedichte. Münster 1982

Susanne Maetzke: Theo Breiders Pättkesradwege. Von Werne aus ins ganze Münsterland, in: Jahrbuch Westfalen 72, 2018, S. 55–62

Ottilie Baranowski: Theo Breider zum Gedenken, in: Jahrbuch der Augustin Wibbelt-Gesellschaft 10, 1994, S. 109f.

Vollständige Biobibliografie siehe:
www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/breider-theo/