Hermann LandoisHermann Landois1835–1905
Hermann Landois1835–1905Hermann Landois

Biografie

Hermann Landois wurde 1835 als Sohn eines Landgerichtsschreibers in Münster geboren. Nach etlichen Kehrtwendungen in seiner Biografie wurde das später stadtbekannte Original ein hochangesehener Botaniker (Gründer des Münster’schen Zoos) – und Dichter. Einige seiner über 1.000 naturkundlichen Publikationen wurden wegweisend und mehrfach neu aufgelegt. So sein mit Bernard Altum verfasstes Lehrbuch der Zoologie (1868) und das mit Carl Berthold verfasste Lehrbuch der Botanik (1872). Um die Mittel für seine Studien und Unternehmungen aufzubringen, gründete Landois die Zoologische Abendgesellschaft, deren plattdeutsche Theateraufführungen in Münster und über die Stadt hinaus ein Ereignis waren und sich überdies als gute Einnahmequelle erwiesen, um damit den Münster’schen Zoo zu unterstützen. In der Zoologischen Abendgesellschaft gelangten Landois’ eigene Stücke, ein Großteil davon lokal verortete Karnevalspossen, zur Aufführung. Erfolgreich war auch Landois’ Roman über die Figur des Gelbgießers Franz Essing, der das Urbild eines münsterischen Spießbürgers abgibt (Frans Essink, sien Liäwen und Driewen äs aolt Mönstersk Kind. Met Hölpe van ne gelährde mönsterske Aobend-Geselschupp vertellt un herutgiewen, 1874, mehrere Auflagen, Umarbeitungen und Erweiterungen). „Die erste Fassung erschien unter dem Namen von Franz Giese bereits 1875; eine große Anzahl der Kapitel ist aber von Landois geschrieben, der denn auch mit der ihm eigenen Unbefangenheit das ganze Buch für sich usurpierte und 1881 unter seinem eigenen Namen umgearbeitet herausgab. Bei aller Würdigung der Verdienste Gieses um dies klassische Werk der niederdeutschen Literatur muß man doch zugeben, daß es erst durch Landois richtig volkstümlich geworden ist; der Anteil der Autoren an der Idee und am Stoffe läßt sich schwer feststellen.“ (Joseph Otto Plaßmann)

Landois veröffentlichte eine große Zahl sehr erfolgreicher Humoresken in niederdeutscher Sprache, unter anderem: Mönstersk Stilliäwen. Plattdeutsche Vertellsels (1881), Sappholt aus Westfalens Dichterhain oder Mirza Schaffy in Holsken. Neue humoristische plattdeutsche Gedichte von Tonius Happenklang (1885, mit E. Marcus, G. Oexmann, T. Blankenburg, K. Prümer), Mönsterske Chronika mit ut ollen und nien Tiden. Lustige plattdüske Rimsels (1883), Der Prophet Jan van Leyden. König der Wiedertäufer oder: Der Münstersche Bettelstudent. Komische OperettenQuatrologie (1884, Mitwirkung), Krissbetten und Kassbetten oder Unkenschläge von Westfalens roter Erde. Plattdeutsche Gedichte von Natz Kluthentratt und Wolf, Wildgraf von Tecklenburg, Edler von Desenberge und Klusenstein (1885 mit E. Marcus, G. Oexmann, A. Kraus, K. Prümer u. a.), Der Fürstbischöflick Mönsterske Hauptmann Franz Miquel und sine Familje. Lustige … Vertellsels ut de gaude olle un de leigen niee Tid (1892).

Hermann Landois

Landois wurde von seinem Schüler Hermann Löns als der „volkstümlichste Mann Westfalens“ bezeichnet. Um das Leben dieses nimmermüden Erfinders verrückter Einfälle, der zugleich einer der besten Zecher Münsters gewesen sein soll, ranken sich zahlreiche Legenden und Anekdoten. Am bekanntesten wurde in dieser Hinsicht das Porträt seiner Person in Josef Wincklers Schelmenroman Der tolle Bomberg (1923).

Hermann Landois Werk

Frauenlob von einem Junggesellen.

Äs Goethe sung von Röslein rot,
Meint he met Blomen Wichter:
Hier teeknet se von Kopp to Fot
En zoologsken Dichter:

’ne Gaffeltange nennt man wull
En Fraumensk so bi Jaohren,
Well muorgens, aobends schimpft äs dull,
Haut Jans batsk an de Aohren.

Schluffhacke hett bi uss en Wicht
Met Schluffen up de Hacken,
Man möchte das rüötterige Gesicht
Nicht met de Tang anpacken.

Klappei dat kümp von klappern hiär,
Äs wenn se’n Mühlrad hädde,
Es geiht das Muullwiärk immer ehr
Vull Gift äs ’n triäddene Pedde.

De Quiesel biädt in eenen Aohm,
Se konn kien Mann metkriegen,
Geiht Dag fuör Dag nao den Kaplaon,
Dat andre will’k verschwiegen.

De hät en Dok üm Kopp un Muul,
Man süht, se hät Tantpiene,
Wenn mi de Här bewahren wull
Vüör so ’ne Zippeltriene.

De Drüke sühst du mehrstens staohn
Bi’n Un’roffseer so gärne,
Dann Arm in Arm süht man se gaohn
De flucksterige Därne.

Kratzbüörste, Schepsel, Vuegelschüe,
De Hexe, Babbel, Frickel,
Auk Schaisels, Teckels sind derbi,
Vergiätt män nich dat Nickel.

Nee! Göthe! Blomen sind es nich,
’t is lutter Ungeziefer:
De Wichter heit’t we drüm, mi düch,
Vull biätter: Frauenziefer!

Klei ik muorgens ut et Bedde,
Waske mi un kämm’ mi staots,
Gern ik in de Schluffen triädde,
Treck den Schlaoprock an sofaots.

Sall de Kaffe schmaken prächtig
Un daonao de lange Piep’,
In de Underbuxe sächtig
Ik nao mienen Schlaoprock griep.

Von Arbeitslast kreppert de Piärde,
Drüm män lanksam stets vüöran –
So mi all mien Vader lehrde,
Hadd’ auk immer ’n Schlaoprock an.

’n Naober kann ik auk erreeken,
To’n Teihnührken Schnaps doch häört,

Bruuk mi gar nich antetrecken:
’n Schlaoprock keine Gäste stört.

Sitt ich aobends bi mien Wiewken,
Küßt se mi, ik drücke se,
’t Hiärt dat puppert mi in’t Liewken
In’n Schlaoprock up dat Kanapee.

Kümt de Daud me siene Hippe,
Leiwe Frönde, treckt mi dann,
Wenn de Aohm geiht ut de Piepe,
Gau den hölten Schlaoprock an!

De Mester satt eens Middags op
En ganzen braoden Schwinekopp
Un fonk to de Gesellen
Nu an so to vertellen:

„De, well en Bibelspruch kann seggen,
Draff nao de Schüettel sik beweggen,
Well kienen passend weet, de mott
Hier griepen nao’n Gemösepott.“

De Mester kamm deran toerst,
Von’n Broaden kreeg he nich temehrst:
„Und Petrus hieb dem Malchus ein Ohr ab.“

Gesell he wuß et antepacken,
He sag un schneet deraf een Backen:
„Und Er gab ihm einen Backenstreich.“

De Mesterske bedachte sik nich lange,
Se schneet de linke Backe as vüör ehr:
„Schlägt einer dich so auf die rechte Wange,
Dann reich’ ihm auch die linke her.“

Dat Döchterken von diärteihn Jaohr
Kreeg gar nix, weil’t nich dran mehr waor:
„Du siehst den Splitter in den Nächsten Arm
Im eig’nen siehst den Balken nicht.“
Drüm gar nix kreeg dat arme Wicht.

De Lehrjung’ satt und wuß erst nix.
Dann greep he’n ganzen Braoden fix:
„Als der Herr gen Himmel fuhr,
Entschwand Er ihren Augen.“

Muss du ’ne Utflucht maken fien,
Dann moss du ganz alleene sien.
Nimmst du de Frau mit di herut,
Dann iss de Freide baolle ut.
Un sind die Blagen noch derbi,
Dann giff et nix äs Järgerie.

Literatur

Joseph Otto Plaßmann: Hermann Landois, in: Westfälische Lebensbilder, Bd. 4, 1933, S. 314–333

Jobst A. Kissenkoetter: Hermann Landois und die westfälischen Tiergärten, in: Westfalenspiegel 1955, H. 7

Lotte Foerste: Der „Frans-Essink“-Roman im Spiegel seiner beiden Autoren Franz Giese und Hermann Landois, in: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 96, 1973, S. 156–168

Walter Werland: Münsters Professor Landois. Münster 1975, 1979

Lotte Foerste: Franz Giese (1845–1901) und Hermann Landois (1835–1905), in: dies.: Plattdeutsche Erzähler des 19. Jahrhunderts. Neumünster 1977, S. 97–103

Gottfried Schäfers: Münsters Originale, die sich selbst ein Denkmal setzten. 2. Aufl. Münster 1983, S. 8–21

Rommé (Hg.): Professor Landois. Mit Witz und Wissenschaft. Stadtmuseum Münster 2004

Hermann Landois (1835–1905). Naturwissenschaftler, Theologe, Stadtbürger, Schriftsteller. Hg. von Franz-Josef Jacobi und Thomas Sternberg. Münster 2005

Ernst Ribbat: Landois, der Schriftsteller, in: ebd., S. 51–68

Vollständige Biobibliografie siehe:
www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/landois-hermann/