Biografie
Heinrich Schürmann wurde 1940 in Clarholz (Kreis Gütersloh) als Sohn eines Malermeisters geboren. Nach achtjährigem Besuch der Volksschule begann er 1954 eine Lehre als Anstreicher. Seine künstlerische Begabung trat bereits damals zutage. Über den zweiten Bildungsweg und nach Erlangung der Fachhochschulreife begann er das Studium der Angewandten Malerei an der Werkkunstschule in Bielefeld. 1963 ermöglichte ihm die Begabtensonderprüfung das Studium an einer Pädagogischen Hochschule in Münster (1963–1966).
Rehabilitierung des Niederdeutschen
Schürmann zufolge hatte wohl keine andere Sprache einen derartigen Niedergang erlebt, sei derart entwertet worden wie das Plattdeutsche. Es stehe noch immer in dem Ruf, „eine Sprache der ‚armen Leute‘ zu sein“. Für ihn war das Niederdeutsche historisches Sprachgut und fest in der westfälischen Landschaft verankert. Von daher blieb es für ihn eine adäquate Sprache, um seine Hauptthemen Landschaft und Umwelt literarisch abzubilden.
Im literarischen Kontext benutzte Schürmann das Niederdeutsche gleichwohl – ähnlich wie seine Vorbilder Georg Bühren und Siegfried Kessemeier – als Kunstsprache. Der Verzicht auf heimattümelnde Attitüde brachte ihn dabei in Konflikt mit seinem Amt als Kreisheimatpfleger, das er sechs Jahre innehatte. Er gab es auf, weil er es, eigenem Bekunden nach, nicht mehr fertig brachte, das „Klischee einer nostalgischen westfälischen Heimatmelodie“ weiter zu bedienen.
Einflüsse
Während seiner Zeit an der Pädagogischen Hochschule Münster kam Schürmann in einem Seminar Norbert Johannimlohs mit dem Niederdeutschen als literarische Schriftsprache in Kontakt. Bis dahin kannte der versierte Plattdeutsch-Sprecher diese Sprache nur in ihrer gesprochenen Form. Ein zweiter für seine spätere künstlerische Arbeit wichtiger Impuls waren Vorlesungen bei dem westfälischen Autor Winfried Pielow über moderne Lyrik.
Seit 1992 verfolgte Schürmann mit erhöhter Intensität seine literarischen Interessen. 1993 kam es zum Abdruck einer ersten Auswahl seiner Visuellen Poesie in der Zeitschrift Westfalenspiegel. Es folgten mehrere Lesungen sowie Veröffentlichungen im Jahrbuch Westfalen (1995), in der Anthologie Neue niederdeutsche Lyrik aus Westfalen (1995) sowie ein Abdruck von bildkünstlerischen und literarischen Arbeiten in der Jahresgabe der Klaus-Groth-Gesellschaft (1995) sowie in Quickborn. Zeitschrift für plattdeutsche Sprache und Literatur (1998).
Ausgangspunkt bildende Kunst
Heinrich Schürmann fand seine Vorbilder zunächst in der Malerei (vor allem bei Picasso), wodurch seine Vorliebe für das Abstrakte deutlich wird. Immer schon interessierten ihn die Grenzgänger zwischen den Künsten (auch zur Fotografie und Musik hin). Meister der Collagen waren für ihn die Dadaisten. Auf der Seite des Wortes wurde er vom manchmal absurden Sprachwitz Ernst Jandls beeinflusst.
Der Computer als Hilfsmittel
Schürmann hatte auf der Werkkunstschule in Bielefeld noch ganz traditionell Bleisatz, Linoldruck, Kohlezeichnung und Aquarellmalerei gelernt. Dann schwenkte er jedoch zum Computer um, weil dieser ihm erweiterte gestalterische Möglichkeiten eröffnete. Auf diesem Wege entdeckte er die Visuelle Poesie als primäres Arbeitsfeld. Berührungsängste mit der abstrakten Welt der Technik gab es für ihn nicht. Die Arbeit am Computer hatte er sich autodidaktisch angeeignet und benutzte diesen nicht wie ein Informatiker, sondern eher spielerisch wie ein Kind. Eine Herangehensweise, die auch für seine assoziative Motivsuche gilt.
Es entstand eine neuartige Kombination von visueller Poesie und niederdeutscher Lyrik. Ausgangspunkt einer neuen Arbeit konnte ein Foto, eine Reproduktion oder auch ein eigenes Aquarell sein. Diese Vorlage wurde per Scanner in ein computerlesbares Format umgewandelt und dann mit einem Grafik- oder Schriftprogramm weiterbearbeitet. Endgültig zum Abschluss kam das Ergebnis nie. Der Prozesscharakter war integraler Bestandteil der künstlerischen Arbeit Schürmanns und führte zu einem fortwährenden „Dialog mit sich selbst“. Seine ‚Experimente‘ intensivierte Schürmann nach seiner Pensionierung 2002.
2004 erschien sein Band Ick. Postum gelangte die CD Ick. Jazz und Lyrik Niederdeutsch zur Veröffentlichung. Schürmann machte sein Werk auch in Grafikmappen zugänglich, die von ihm selbst vertrieben wurden. Daneben konnte man sich einzelne Motive von seiner Homepage herunterladen. Gegen einen geringen Kostenbeitrag stellte er auch eine CD mit seinen Arbeiten zur Verfügung. Als erster westfälischer Mundartautor nutzte Schürmann das Internet als Präsentationsplattform, auch hinsichtlich der Möglichkeit grafischer Animationen.