Hannes DemmingHannes Demming*1936
Hannes Demming*1936Hannes Demming

Biografie

Hannes Demming ist aus der Kulturszene der Stadt Münster nicht wegzudenken. Hier wurde der Autor, Schauspieler, Theatermann und Rezitator 1936 geboren und verbrachte dort auch seine frühe Kindheit. Nach der Evakuierung in Mengeringhausen bei Arolsen, Oberbayern, wurde er 1942 in Germete/Kreis Warburg eingeschult. Er besuchte Schulen in Stockum bei Coesfeld, in Neuenkirchen bei Rheine und das Gymnasium in Rheine, bevor er 1952 nach Münster zurückkehrte und dort 1956 das Abitur ablegte. In der Ferienzeit arbeitete er als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft und am Bau. Von 1956 bis 1963 studierte er in Münster unter anderem Archäologie, Englisch, Germanistik, Griechisch, Latein, Pädagogik, Philosophie und Psychologie. In dieser Zeit war er Werkstudent an der Landesversicherungsanstalt Westfalen, Hilfs-Organist und Küster an St. Aegidii zu Münster sowie wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Altertumskunde der Universität Münster.

Nach dem Ersten (1962) und Zweiten Staatsexamen (1964) war er von 1963 bis 2000 Gymnasiallehrer in Greven, Münster, Hiltrup und Recklinghausen. 1975 erfolgte die Ernennung zum Studiendirektor. Von 1953 bis 1961 war er Mitglied im Musikvereinschor Münster und von 1960 bis 1985 im Domchor Münster. Seit 1955 wirkte er an den Städtischen Bühnen Münster mit, zunächst als Chorsänger und ab 1961 als Schauspieler bei der Niederdeutschen Bühne Münster sowie in hochdeutschen Produktionen. 1974 übernahm er die Leitung der Niederdeutschen Bühne Münster, für die er seit 1997 auch Regie führte. Seit 1962 ist er zudem als freier Mitarbeiter des WDR und anderer deutscher Sendeanstalten (NDR, HR, Radio Bremen, DF, Rundfunk der DDR) als Sänger, Sprecher, Übersetzer niederländischer Hörspiele und Sendereihen sowie als Autor von Hörspielen und Sendereihen tätig. Zudem gestaltete er seit 1973 ca. 50 niederdeutsche Gottesdienste und Predigten und verfasste hochdeutsche und lateinische Liedtexte für die münsterische Domliturgie.

Anlässlich Demmings Auszeichnung mit dem Fritz-Reuter-Preis blickte Dietz Benne auf Demmings Tätigkeitsfeld bis 2012 zurück: „Elf Stücke hat er übersetzt; 19 mal hat er Regie geführt; 120 mal hat er in Produktionen des WDR tragende Rollen gesprochen. Mehrfach ist er in Film und Fernsehen zu sehen gewesen, u. a. in Edgar Reitz’ so bedeutender Produktion Heimat. In 72 […] Schauspielen und Opern hat er auf der Bühne gestanden. Ich zähle hier nur die Autoren dieser Stücke ab dem Buchstaben „M“ auf, um Sie nicht vollkommen schwindelig zu reden. Mehring, Molière, Mozart, Mussorgski, Nizami, Orff, Ravenhill, Rossa, Rose, Rosenow, Sachs, Schiller, Schnitzler, Schurek, Schwarze, Steinbeck, Tschechow, Walser, Sophokles, Tabucchi, Teilmans, Verdi, Vian, Wagner, Weber, Wempner. Jeder sieht: eine ungeheure Vielfalt. Und das alles hat er ja nicht hauptberuflich gemacht. Er war ja Studiendirektor und hat bis zu seinem 65. Lebensjahr Schüler in Griechisch, Latein, Englisch, Mathematik und Musik unterrichtet. Das ist die schier unbegreifliche Quantität seines Wirkens. Ähnlich die seiner Aktivitäten: Schauspiel, Inszenieren, Gesang, Rezitation, Rundfunkaufnahmen, Bücher schreiben, Bücher lesen, lateinische Chronogramme konstruieren, komponieren, übersetzen.“ Hinzu kamen Gastrollen an anderen Theatern, zum Beispiel am Kölner Theater „Bauturm“ in der Hauptrolle von Erklärt Pereira Antonio Tabucchis sowie am Transittheater Münster, im Ensemble SURSUM CORDA Münster, im Wolfgang-Borchert-Theater Münster und auf der Burgbühne Stromberg. Für sein Wirken wurde Demming mehrfach ausgezeichnet.

Hannes Demming
Entgegennahme des Fritz-Reuter-Preises in Münster

Plattdeutsche Publikationen

Demmings Gedichtsammlung Kringe, Quinten & Korinthen (2011) besteht in der Hauptsache aus glossierenden Gedichten, die er auf Plattdeutsch in der münsterischen Presse veröffentlichte. Als weitere selbstständige Veröffentlichung ist Demmings illustrierte Fabel-Fibel Drei Dutz lichte Läxens (1989) zu nennen. Als Herausgeber trat er unter anderem bei den Gesammelten Werken Karl Wagenfelds und von Wolfram Rosemanns Spiellwiärks. Plattdeutsche Gedichte. Mit einem Wörterverzeichnis (1988) in Erscheinung sowie von Sipp, sapp, Sunne. Namens un Lüh. Volkskundliches aus seinen [Wagenfelds] Schriften mit Bräuchen, Tänzen, Liedern zu Bauernhochzeit und Schützenfest (1992).

Hannes Demming Werk

Übertragungen

Mehrere Übersetzungen Demmings erschienen in Buchform. Hier ist vor allem sein Erfolgsstück De bruoken Kroos (2013) nach Kleists Der zerbrochene Krug zu nennen, das Demming nach dem Originalmetrum ins Plattdeutsche übertrug. Publizistisch beteiligte sich Demming unter anderem am Jahrbuch der Wibbelt-Gesellschaft.

Hannes Demming Werk

Ji, de ji nao us kuemmt in Ruum un Tied,
de ji all in us sind, de wi nich kennt,
de, wat wi daien, mooken wiet un siet,
verflöökt, verwünsket: Jau, wi häbt’t verdennt.
Rüeklaus häbt wi veräöst de heele Welt,
in de ji liäben müettet, Water, Grund
un Lucht; wi häbt män riäkent, Geld män teilt;
düör us wuor gries un liek, wat rund un bunt.
Apatt wiest met de Fingers nich blaots trügg,
kiekt auk nao vüörne, wao de Tokuemst is,
bedenkt, ji sind uut Fleesk un Bloot de Brügg’
van’t Gistern hen to’t Muorgen! Dat is wiß:
Wat ji upstunns no sind, wi wassen’t gärn.
Un wat wi sind, dat sallt ji wanners wäern.

Ji, de ji Ruum vertuusket häbt un Tied
met ew’ge Ewigkeitenewigkeit,
ji, de ji in us sind un hiemmelwiet,
nao wieder, äs dat Lecht düör’t Weltall geiht,
ji Fleesk un Bloot äs use Fleesk un Bloot,
solang de Aohm ju gaohen hät düör’t Lief,
vull Lust, Pien, Leiw’, Haß, Freid’, Truuer,
Käöll’ un Gloot,
ji alle gliek nu, Mann un Kind un Wief,
ji, Mensken, siet de iärste wuß üm sick,
dat iärste Du hen to den annern sagg
un to sick sölwer sagg dat iärste Ick,
wi sind äs ji un sind van eenen Dagg.
Un alls drägg eene Hand, us hier, ju dao,
un se is graut. Wi kuemmt ju wanners nao.

sa’k schännen daud du wäörs en butten mann
äs ’t mannigeenen dööt de di nich magg
’k segg nich to di du gönks mi gar nicks an
’k denk faak an di bi nacht un üöwer dagg
well du auk dräpps du mäks iähr alle liek
nao viele kümps du äs en gueden frönd
nimps van iähr naut un piene kränkde süük
härs du nich vielmähr luof un dank verdennt
wann du nich wäörs wäör’t liäben män en flöök
du bütts den grund uut den dat niee wäß
’k mäögg wietten wat guod sunner di wull möök
gued dat du’t leste waort för alle häs
för armriekjungaolthaugsiegdeinerhärn
gäff’t di nich daud du mäöß’s erfunnen wäern

maakt
unner water te föhren
de griese isenfisk
maakt
duusendfack daud te brengen
de griese isenfisk
ligg
up den sand te bekieken
de griese isenfisk
ligg
läött de lüü düör sick kruupen
de griese isenfisk
un
in alle siene löcker
nösselt de lüninge

Flispern,
tiegen Wind anflispern,
grienen,
tiegen Hängen angrienen,
freisen,
tiegen iisbiärge anfreisen,
Sööken
un wieten,
dat’m verleisen mott:
Wat wuß du mähr?

Literatur

De Kiepenkärl segg „Frohe Wiehnachten“. Hannes Demming singt und erzählt weihnachtliche Lieder und Geschichten in Münsterländer Platt. Münster 1977 [LP]

Mien Hiärt, nu sing! Plattdeutsche Lieder. Nottuln 1982 [LP]

Karl Wagenfeld. Gesammelte Werke. Band 3 und 4. Münster 1983, 1993

Wolfram Rosemann: Spiellwiärks. Plattdeutsche Gedichte. Mit einem Wörterverzeichnis. Münster 1988 [Herausgabe]

Fabel-Fibel. Drei Dutz lichte Läxens. Met Beller von H. Sakurai. Münster 1989

Sipp, sapp, Sunne. Namens un Lüh. Volkskundliches aus seinen [Karl Wagenfelds] Schriften mit Bräuchen, Tänzen, Liedern zu Bauernhochzeit und Schützenfest. Münster 1992 [Herausgabe]

Asterix und de Kuopperpott. Asterix küert westfäölsk. Stuttgart 2000 [Übers.]

The beggar’s opera. Das Musical als Hörspiel. Die Bettleroper. Münster 2004 [CD]

Dat Spiël van Doktor Faust. Münster 2010 [Übers.]

Kringe, Quinten & Korinthen. Münster 2011

Heliand. Eine Übertragung aus dem Altsächsischen ins Neuniederdeutsche. Bocholt & Bredevoort 2012

Dietz Bering: In Münster zu Hause. Und im ganzen Abendland. Laudatio für Hannes Demming, in: Jahrbuch der Wibbelt-Gesellschaft 28, 2012, S. 130–138

De bruoken Kroos. Ein Lustspiell van Heinrich von Kleist. Bielefeld 2013 [Übers.]

Ick. Jazz und Lyrik niederdeutsch. Bielefeld 2015 [Sprecher]

Fabel-Haft. Drei Dutzend leichte Lebens-Lektionen. Münster 2015

Vollständige Biobibliografie siehe:
www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/demming-hannes/