Ferdinand ZumbroockFerdinand Zumbroock1817–1890
Ferdinand Zumbroock1817–1890Ferdinand
Zumbroock

Biografie

Ferdinand Zumbroock wurde 1817 als Sohn eines Oberlandesgerichtsrats in Münster geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums widmete er sich zunächst der Landwirtschaft, gab diese Tätigkeit jedoch auf, um ab 1851 am Münsterischen Anzeiger mitzuarbeiten. In der Hauptsache aber lebte er „als Privatmann“, der „sich ganz seinen litterarischen Neigungen hingab“ (Deutsche Biografie). Der „gemütliche“ und „behäbige“ Privatier starb 1890.

Ferdinand Zumbroock Werk

Wirkungsgeschichte

Zumbroock ist einer der bekanntesten münsterländer Dialektdichter. Er war ein Mundartdichter alter Schule, der Schwänke und Döhnkes über das dörfliche Volksleben schrieb, „zum Teil auch mit erho­benem Zeigefin­ger; aber er füllt sie mit der behagli­chen Wirk­lichkeit des Mün­steraner Bürge­ralltags“ (Renate von Heyde­brand). Das Personal seiner Werke besteht aus Münsterischen Haustöch­tern und Kindermädchen, Unteroffi­zieren und dummen Bauern, sie handeln „von der Unterhaltung in Teegesellschaf­ten, Kaffeehäu­sern und Bierwirtschaf­ten“ (Albert Haas-Tenckhoff). Ein Porträt in der Kölnischen Volkszeitung beschreibt Zumbroock 1869 als „echten“ Volkspoeten und „frischen, fröhlichen, kräftigen Schalk, der nur selten den Nagel n i c h t auf den Kopf“ getroffen habe. Als Lyriker hielt sich Zumbroock streng an Versmaß und Rhythmus. Für mehrere seiner Lieder erfand er auch Melodien, andere schrieb er zu bekannten musikalischen Vorlagen. „Er schildert das Leben ohne Aufregung, ohne Probleme, wie es die satte Behaglichkeit des Münsterischen Bürgers sah. Keine himmelhochjauchzende Liebe, kein verzehrender Gram spricht aus seinen Liedern, sondern eine zufriedene Selbstgenügsamkeit, welche das Leben nur von der genießerischen Seite auffaßt, ohne die Blicke höher zu richten.“ (Wolfgang Stammler)

Ferdinand Zumbroock Werk

Zahlreiche Auflagen

Seine dreibändigen Poetische Versuche in westfälischer Mundart erfreuten sich besonderer Beliebtheit. Der erste Band aus dem Jahre 1847 erlebte mit Zusätzen mindestens zwölf Auflagen, Band zwei nebst einem Anhange, enthaltend Lieder mit Melodien (1840) mindestens fünf Auflagen. 1857 ließ Zumbroock Neue poetische Versuche, nebst einem Anhange enthaltend Lieder, Melodien in westfälischer Mundart folgen. An seinen Gedichten wurde ein „ungekünstelter Humor“ und eine „frische, lebendige Darstellung“ geschätzt sowie eine Versiertheit „in der Behandlung des heimischen Idioms“, die auch von „berufener Seite anerkannt“ worden sei (Deutsche Biografie). In repräsentativen Anthologien wie H. Hartmanns Schatzkästlein westfälischer Dichtkunst in hoch- und plattdeutscher Sprache (1885) sind Zumbroocks niederdeutsche Gedichte ebenso zu finden wie in Wilhelm Uhlmann-Bixterheides Die Rote Erde. Ein Heimatbuch für Westfalen (1934) und anderen populären ‚Hausbüchern‘.

Ferdinand Zumbroock Werk

Dat Lachen is gewiß gesund,
Man hät so selten dao to Grund;
Drüm wao man noch wull lachen kann,
Dao lache doch en jeder Mann!

Hier folget wat, drüm manchereen
All lachet hät, ess wann he green,
Kaupet, kaup’t, ji wäert nich prellt,
De Armen kriget jä dat Geld.

Ji lacht un givet auk to glik;
Ji mak’t de Armen wull nich rik,
Män helpet se hüpsk in de Naud,
Un dat Verdenst iss sieker graut;

Drüm hännig met de Büls herut!
Askenduorps verkaup’t se ut,
Ji slaot, de Büel wärd drüm nich slapp,
Twee Flaigen jä met eenen Klapp.

Es sitzen da in Putz und Lanz
Die Damen rings im schönen Kranz,
Geschichtlich gleiten durch die Finger
Die Stricknadeln, die Stümpfebringer;
Es dampft der Thee aus schmucken Tassen,
Die ganz zur Toilette passen,
Und sämmtliche Zungen sind im Gange,
Wem wird dabei nicht angst und bange?

Ecke 1.
„Sind Sie gestern im Schauspiel gewesen?“
„Ja! – ich hatte das Stück schon gelesen!“
„Es wurde recht gut, recht brav gegeben!“
„Ja das Stück ist schön, – so aus dem Leben!“

Ecke 2.
„Meine Theure! welche ein schönes Kleid! –
Das ist ja was Kostbares, eine Seltenheit,“
„Nicht wahr – es ist eine Pracht!
Mein Mann hat’s mir mit aus Berlin gebracht!“

Lauscher.
„Ach Gott ja! – und der Mann hat nicht daran gedacht,
sie hat blos einen neuen Pump gemacht!“

Ecke 3.
„Sagen Sie mal! – Ihre Tochter tanzt recht schön,
Ich hab ihr jetzt mit Freuden zugesehen,
Schade! – daß sie nicht mehr Gelegenheit hat, es zu zeigen,
Die Männer sind auch heute zu Tage gar zu eigen!“
„Meine Tochter ist noch zu jung, zu wenig bekannt,
Und die Männer sind heut zu Tage gar nicht galant!“

Ecke 4.
„Wie schmeckt Ihnen der Thee? – laff – nicht wahr?“
„Es fehlet Rum offenbar!“
„Ja! – und dann ist er auch beinahe schon kalt,
Und die Torten? nicht wahr? sind schon etwas alt?“

Ecke 5.
„Was kochen Sie heut Abend zu Haus’?“
„Ach aus dem Abendessen macht mein Mann nicht viel daraus,
Pellkartoffeln mit Häring, kalte Wurst,
Und Brunnenwasser für den Durst!“
„Wir haben noch kalten Kalbsbraten zu Haus’
Das ist ’ne schöne Sache, damit hilft man so leicht sich aus!“

Ecke 6.
„Nun sehen Sie mal, die Amtmannin mit dem ausgeschnittnen Kleid,
In so hohem Alter, ’s ist doch ’ne Lächerlichkeit!
Ne! da lob ich mir doch an ihrer Seite die Engmann,
Die sitzt da grade, als hätt’ sie’n Panzer an!“

Ecke 7.
„Sagen Sie mal, wo lassen Sie Schuhe machen?
Schuhe, das sind wirklich theure Sachen,
Ich muß dann häufig von einer Freundin zur andern laufen,
Und kann da leicht für 30 Thaler Schuhe verbrauchen!“
„Für 30 Thaler Schuhe! –
Ich mit beiden Kindern nicht verthue,
Da sollt’ mein Mann was Schönes sagen,
Der würde mich sammt der Rechnung zum Teufel jagen!“
„Kennen Sie wohl Pantoffel? – drauf kann ich’s schon wagen,
Nein! – das hat nichts zu sagen!“

Ecke 8.
„Ma chere! – lesen Sie viel?“
„Oui! – ich lese gern, auch liebe ich das Kartenspiel,
Ich lese gern von Lafontain und Clauren!“
„Mon Dieu! – dann sind Sie zu bedauern!“

Ecke 9.
„Sagen Sie mal! – Ihre Tochter kriegt ja jetzt ’en Mann!
Ja! – sie ist auch längst an der Reihe dran!“
„Wie an der Reihe? – meine Tochter ist 25 Jahr!“
„Nein! verzeihen Sie, das ist nicht wahr! –
Wie meine Tochter noch in die Schule ging,
Die Ihre schon an zu tanzen fing
Im Klub und im Verein;
Nein! – sie wird wenigstens 28 sein.
Die Aussichten sind aber schlecht,
Der kömmt noch lange nicht zurecht!“

Ecke 10.
„Wir haben’s Trick und deux honneurs,
Legen Sie an! – warum spielten Sie nicht Coeur?“
„Ich hatte ja grande Forçe in andern Karten!“
„Dann mußten Sie mein Spiel abwarten,
Sie spielten dieses Mal ungeschickt,
Sie haben uns das Trick verwippt!“

Und so geht das in allen Ecken,
So’n Thee, das ist ein wahrer Schrecken,
Die Eine kocht, die Andre spielt,
Die Dritte nach den Kleidern schielt;
Es ist nie still, sie plaudern ohne alle Pause,
Bis daß es heißt: ’s ist Zeit nach Hause!

Literatur

Bruno Haas-Tenckhoff: Münster und die Münsteraner in Darstellungen aus der Zeit von 1870 bis zur Gegenwart. Mit einer Einleitung: Münster im Urteil des 16., 17. und 18. Jahrhunderts. Münster 1929

Wolfgang Stammler: Geschichte der niederdeutschen Literatur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Darmstadt 1968

Renate von Heydebrand: Literatur in der Provinz Westfalen 1815–1945. Ein literar-historischer Modellentwurf. Münster 1983

Robert Peters: Das Schwankmotiv des „Ferkels in der Wiege“ bei Ferdinand Zumbroock und Augustin Wibbelt, in: Jahrbuch der Wibbelt-Gesellschaft 22, 2006, S. 91–93

Ders.: Die Bewertung der sprachlichen Verhältnisse in Münster in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Ferdinand Zumbroock, in: Tom F. H. Smits (Hg.): Schat der Neder-duytscher spraken. Münster 2007, S. 177–189

Ders.: Ferdinand Zumbroock. „Poetische Versuche in plattdeutscher Sprache. Zum Besten der Armen“, in: R. Peters (Hg.): Plattdeutsch macht Geschichte. Niederdeutsche Schriftlichkeit in Münster und im Münsterland im Wandel der Jahrhunderte. Münster 2009, S. 177

Vollständige Biobibliografie siehe:
www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/zumbroock-ferdinand/